Meine liebe Freundin Birgit ist während dieser schwierigen Zeit immer für mich da. Auch am Tag von Avins Trauerfeier hat sie die richtigen Worte gefunden. Diese schönen Worte möchte ich hier mit Euch teilen.
Liebe Azadeh Joohn, meine liebe Azizam,
lieber Hassan,
lieber Damon,
liebe Aidi (Ady, Oma von Avin),
liebe Freunde, Verwandte und Bekannte der Familie!
Ich bin eine Freundin von Azadeh, mein Sohn Jan und Damon waren zusammen im Kindergarten und in der Grundschule.
Wir sind alle Freunde oder Verwandte der Familie oder fühlen uns auf die eine oder andere Art mit ihr verbunden. Wir wissen, welch große Lücke Avin hinterlässt und wir sehen die Trauer in ihrer Familie.
Wir sind jetzt hier, um Azadeh, Hassan, Damon und Aidi den Abschied zu erleichtern.
Ich denke, das ist genau das, was Avin jetzt von uns möchte:
Sie möchte, dass ihre Familie nicht alleine ist.
Denn: sie möchte, dass ihre Familie sie loslassen kann.
Ich habe ein Herz aus Blumen mitgebracht: Ich glaube sie möchte, dass es ihre Familie daran erinnert, dass sie sie mit einem frohen Herzen gehen lassen kann.
Sie möchte, dass ihre Familie nicht mehr weint.
Sie möchte trösten und ihre Familie zu einem neuen Lebensabschnitt ermutigen.
Sie möchte rufen: Geht weiter ihr lieben!
Das Leben ist so schön!
Mir geht es gut!
Ich liebe Euch und ich möchte dass ihr nicht weint.
Ich denke Avin möchte, dass wir ihre Familie nicht allein lassen und sie in einen neuen Lebensabschnitt begleiten.
Die Ballons werden ihr bestimmt gefallen, und wer weiß, ob sie uns nicht sogar beim Loslassen beobachtet. Tatsächlich kann ich mir sogar sehr gut vorstellen, dass Avin dieser kleinen Feier beiwohnt.
Sie war schon immer etwas neugierig.
Vor allem aber kann ich mir sehr gut vorstellen dass sie sichergehen möchte, dass ihre geliebte Familie nicht weint und nicht alleine ist.
Avin war so ein besonderer Mensch.
Sie wurde an einem Sonntag, den 15. März 1998 um 15.15 Uhr geboren.
Ihre Eltern gaben ihr den Namen „Avin“, das ist persisch und bedeutet „Liebe“
Sie war so besonders, nicht nur, weil sie mit vielen körperlichen Einschränkungen zurechtkommen musste,
sondern vor allem durch die Art und Weise, wie sie und ihre Familie damit umgegangen sind.
Ich glaube, das ist es, was mich bis heute tief beeindruckt und für mich einen Unterschied gemacht hat. Und es ist nicht nur Avin, der ich Respekt zolle, sondern auch Azadeh, Hassan und Damon.
Genauso besondere Menschen wie ihre Tochter.
Avin war ein aufgewecktes Mädchen.
Obwohl sie Nagellack und Haarschmuck liebte war sie keine „Prinzessin“.
Sie war bewegungsfreudig, interessiert, fröhlich.
Als Kleinkind rutschte sie auf ihrem Bobbycar durch die Gegend und untersuchte ihre Umgebung. Sie war von Werkzeug fasziniert. Sie probierte sich aus.
Wir können nur erahnen wie schwer es für sie wurde als sie im Laufe der Jahre immer weniger davon konnte.
Sie hat sich nie beklagt !
Und so wurde sie und ihre Familie in vielem tatsächlich so etwas wie ein Vorbild für mich.
Avin war so stark.
Sie zeigte uns Lebensmut. Dankbarkeit.
Freude über das was sie hatte.
Sie freute sich, dass sie sich freuen konnte. Sie freute sich, dass wir uns freuen.
Sie guckte nie auf das was sie nicht hatte, sondern sie freute sich über das was sie hatte.
Das hat mich zutiefst beeindruckt.
Davon können wir uns -glaube ich- alle eine Scheibe abschneiden:
Das hat sie gelebt:
Freue Dich an dem was Du hast und gräme Dich nicht über das was Du nicht hast!
→ Ihr Lächeln war legendär.
In ihrem Erinnerungsbuch gibt es kaum einen Eintrag, in dem ihr Lächeln nicht erwähnt wurde.
Ihr Lächeln war das erste, was meinem Sohn Jan sofort zu ihr einfiel, als ich ihn Im Lächeln drückte sie alles aus was sie nicht mehr anders formulieren konnte. Es machte mir leicht, zurückzulächeln
Es hat beruhigt, machte den Tag heller.
Sie konnte aus tiefstem Herzen loslachen.
nach Avin fragte.
Als sie das nicht mehr konnte lachte sie mit den Augen.
Sie hat immer einen Weg gefunden, ihre Dankbarkeit, Freude und Liebe zu kommunizieren.
Sie war dankbar über alles was sie erleben durfte.
Sie war dankbar für die Sonne, sie war dankbar für die Kartoffeln. Sie freute sich über Pfannkuchen im Zoo.
Sie hat das Leben geliebt.
Sie liebte es, zurechtgemacht und frisiert zu sein, mit passendem Nagellack zum Oberteil.
Sie liebte das Wasser.
Im Urlaub in Syke wollte sie fast täglich in das Bewegungsbad.
Sie liebte Spaziergänge in der Natur.
Avin hatte eine wunderbare Familie.
Sie ließ keinen Zweifel daran, wie sehr Avin geliebt wurde.
Sie wohnte zu Hause. Die Familie schuf Platz.
Ein Teil des Wohnzimmers wurde ihr abgetreten, damit sie am Familienleben teilnehmen und tagsüber den Blick in den Garten genießen konnte.
Sie liebte das Beobachten.
Sie liebte es, Hassan beim Handwerkeln zuzuschauen.
Avin war der Mittelpunkt
und ihre Bedürfnisse bestimmten den Alltag.
Ich denke, das hat sie sehr wohl wahrgenommen, sie war eine gute Beobachterin.
Mit ihrem Lächeln, ihrer Gelassenheit, Geduld und Zufriedenheit wollte sie etwas von dieser Liebe an ihre Familie
zurückgeben.
Sie wusste wie sehr sie geliebt wird, und das wiederum hat ihr die Stärke gegeben, die sie brauchte um ihr Schicksal anzunehmen und zu tragen.
Mit ihrem Lächeln hat sie jeden Tag Danke gesagt.
Zuletzt hatte Avin die Augen geschlossen.
Sie hatte die letzte Möglichkeit verloren, mit ihrer geliebten Familie in Kontakt zu treten.
Ich glaube, sie hat überlegt wie sie ihren Abschied aus der körperlichen Welt für ihre Familie so erträglich wie möglich gestalten kann.
Und ich glaube, das ist ihr gelungen.
Umstände, Daten, Uhrzeiten, viele kleine Dinge, die man als Außenstehender vllt als Zufall werten kann, vermitteln ihrer geliebten Familie, dass Avin noch etwas sagen möchte.
Ich denke sie möchte damit ihrer Familie zurufen:
Ihr dürft mich loslassen, weint nicht mehr!
Mir geht es gut!
Ich habe keine Schmerzen mehr!
Ich bin jetzt frei, und das sollt ihr jetzt auch sein!
Ich weiß wie sehr Ihr mich geliebt habt und immer lieben werdet. Aber jetzt beginnt ein neues Leben für Euch.
Ich freue mich darüber, und das sollt Ihr auch! Lächelt!
Seid dankbar !
In Liebe (Avin) (Ballons fliegen lassen)