Lieber Tom
Es tut sehr weh. Seit über 36 kannten wir uns, und Du bist seither mein bester Freund gewesen. Wir haben gemeinsam Abi gemacht, die Bundeswehrzeit überstanden (Du als "feiner" Funker, ich als "dreckiger" Panzergrenadier). Du hast mich damals überredet, dass es doch klasse wäre, in St. Gallen in der Schweiz zu studieren - ein Ort, den ich damals nicht kannte und der später mein Leben geprägt hat.
Tom, Du warst immer ein Rastloser, der nie lange an einem Ort bleiben konnte. Nach wenigen Jahren wurde es Dir immer zu langweilig. Nach St. Gallen kam Cambridge (USA), dann Stuttgart, dann Milton Keynes (UK), später Paris und Singapur. Deine Heimat war immer die weite Ferne.
Ich kenne niemanden, der immer alle Informationen so wie Du aufgesaugt hat - und doch immer das Gefühl hatte, er könnte vielleicht etwas verpassen. Schon in der Schule wussten alle, dass Du als absoluter Autonarr Deine Karriere in der Automobilbranche suchen wirst. Verzweifelt hast Du mir damals beigebracht, wie man einen Porsche 924 von einem 928 und einem 944 unterscheiden kann.
Dein Beruf war Dir sehr wichtig, aber stolz warst Du immer auf Deine Familie: Deine tolle Frau Andrea und Deine Kinder Carolin und Tiago . Es war für mich ein Highlight, bei der Heirat von Andrea und Dir als Trauzeuge mitwirken zu dürfen. Ihr habt hervorragend zusammengepasst, und mit Andrea teile ich die Leidenschaft für ihr Heimatland Portugal. Und selbstverständlich war es klasse, dass Du bei Sabine und mir im Gegenzug auch Treuzeuge warst.
Mit all Deinen Gegenständen bist Du immer äusserst sorgfältig umgegangen. Es war Dir wichtig, wie man ein neues Taschenbuch behutsam aufschlägt - und ich habe Dich so manches Mal mit Deinem "Tick" geärgert, wenn irgendetwas drohte, nur einen kleinsten Kratzer zu bekommen. Du konntest so wunderschön jähzornig werden ...
Vor 1.5 Jahren hast Du mir am Telefon nebenbei von Deiner medizinischen Diagnose erzählt - und damals haben wir beide es noch nicht ausreichend ernst genommen. Du warst ja immer stark und gesund, was sollte da schon passieren? Mulmiger wurde mir, als Du mir eröffnet hast, welche Operation Dir bevorsteht. Als Nicht-Mediziner war es für mich umfassbar ... Und dennoch schien ja zunächst alles gut gelaufen zu sein.
Einer der schlimmsten Tage meines Lebens war es aber, Dich nach den Komplikationen auf der Intensivstation zu besuchen. Du hast mich erkannt, aber es war unmenschlich ...
Dann ging es ja wieder aufwärts - und ich war froh, dass Du zur Reha ins Appenzell kommen konntest, bevor Du wieder nach Singapur gefolgen bist - letztlich auch, um Deine Rückkehr nach Stuttgart zu organisieren. Was danach folgte, ist einfach kein Ruhmesblatt für die deutsche medizinische Versorgung. Deine liebe Ehefrau Andrea hat Dich wirklich toll umsorgt und mehr als das Menschenmögliche geleistet!
Letzten Sonntag haben wir nochmal telefoniert - Du warst geistig absolut fit und hast mir von Deinen Plänen berichtet. Rastlos, wie Du immer warst! Aber Dein Körper konnte oder wollte nicht mehr - es war schwer, Dein Leiden über WhatsApp mitzuverfolgen. Dieser blöde Corona-Virus hat leider verunmöglicht, dass ich Dich nochmal besuche - und selbst zur Beerdigung darf ich nicht kommen.
Lieber Tom, Du warst immer da, wenn ich Dich brauchte. Du warst mein bester Freund! Und Du wirst es in Erinnerung immer bleiben.
Dein V.B.F. Sven
Meine herzlichste Anteilnahme an Andrea mit Caroline und Tiago sowie an Toms Eltern, Hansjörg & Uschi Hungerland.